Vor zweieinhalb Jahren hatte der Kanzler dieser Republik eine gute Idee. Es war der Sonderparteitag zur Bewältigung der Barschel-Affäre, als der Kanzler an der richtigen Stelle die richtigen Worte fand: „Welch schauerlich Geheimnis, mein Gott – mein Gott, welch tiefe uferlose Fülle. Und das ist die Seele, die Seele, das bin ich, ich selbst. Was also bin ich, mein Gott?”
Der Kanzler dieser Republik. Live im Fernsehen. Ihr habt’s natürlich verpasst. Ich hab’s mitgeschrieben. An der tiefsten Stelle seiner Rede zur Bewältigung der Barschel-Affäre ein Zitat aus dem heiligen Augustinus …
Was versteht ihr, Freunde? Nichts? Das ist nicht weiter schlimm. Versteht ihr doch ansonsten auch nichts! Nichts als Nichts. Vom Leben nichts, von der Arbeit nichts, von der Schule nichts, vom Schreiben nichts, vom Reden nichts. Nichts, nichts, als dummes Zeug redet ihr daher! Man muss euch alles erklären. Tag für Tag. Rezepte, Mixturen, Torturen für Geist und Seele und Leib. Ihr seid unübertrefflich im Glotzen und Hinhören! Das Maul weit offen, die Augen wie glitzernde Weihnachtskugeln sammelt ihr euer dünnes Rinnsal Läben. Ha, ha und wollt dann mitreden, mitdiskutieren, Halbwahrheiten hineinverkünden. Besserwisser, Großredner, ein Dreck seid ihr. Im Leben Dreck, bei der Arbeit Dreck, beim Kaufen, Lieben, sich Anziehen, Ausziehen, Dreck. Geldesel, Mistkäfer. Ha, dass ich nicht lach. Da wankt der Boden, ja. Unsicherheiten. Ja. Ganze schöne warme Badewannen voll Unsicherheiten. Voll im Anzug. Ha, dass ich nicht lach. Der heiliger Augustinus: „Welch schauerlich Ge¬heimnis, mein Gott. Mein Gott, welch tiefe uferlose Fülle. Und das ist die Seele, die Seele, das bin ich, ich selbst, was also bin ich, mein Gott?” Ganze Badewannen bis zum Rand. Uferlos, tipp, tapp. Die Reporter, tipp, tapp und zisch, zisch, schnipp. Der Tod auf leisen Rädern. Tipp, tapp, bunt, Doppelseite, Großformat. Wir hahahaben uns die Frahahage gestellt: Dürfen wir das oder können wir das nicht vor unserem Geldbeutel verantworten? Dieses Geschäft aller Geschäfte, so ein winziges kleines Negativ? Ha! Die Welt steht Kopf, welch schauerlich Geheimnis. Ja. Nein. Nein. Ja. Ja, JA, JA! Da nehmt’s und fresst’s, denn ich bin der Herr und sage euch: Dies ist mein Leib, esset – und dies ist mein Blut, trinket, auf dass ihr verdammt seid in Ewigkeit, Amen.
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1977
Am 11.10.1987 wird der Schleswig-Holsteinische Ministerpräsident Uwe Barschel (CDU) von Stern-Reportern tot in einer Hotel-Badewanne in Genf aufgefunden. Das Bild der Badewannenleiche ging um die Welt. Vorausgegangen war ein Intrigen- und Abhörskandal, in dem Uwe Barschel als Drahtzieher entlarvt wurde. Ob Barschel Selbstmord begangen hat oder ermordet wurde, ist bis heute nicht geklärt.