Seine Eltern kamen von drüben
in jener schweren Zeit.
Geboren wurd er herüben,
inmitten Schmerz und Leid.
Seine Kindheit war wie die von vielen,
da gabs keine Rosenbeet.
Und früh schon lernte er
wem in unserm Land die Stunde schlägt.
Der ist mein Freund und ist Genosse auch
und Lehrer werden, das war sein Ziel.
Und hat der sonst auch Ziele noch,
von denen man bei uns nichts hören will.
Der kann sich noch gut erinnern
an die Zeit kurz nach dem Krieg.
Wo beim Spiel zwischen Häusertrümmern
seine Kindheit vergraben liegt.
An die Schule in der Baracke,
gestiftet von der US-Armee,
50 Kinder in einer Klasse
und der Lehrer Offizier, a.D.
Der ist mein Freund und ist …
Die Mutter schickt ihn aufs Gymnasium,
er sollte was Besseres wern.
Er sollts mal so gut haben
wie die paar reichen hohen Herrn.
Und der hohen Herren Leben
lernte er kennen, denn mehr als ein Jahr
war seine große Liebe
die Tochter vom Chef einer Chemiefirma.
Der ist mein Freund und ist …
Der hätt seinen Weg gemacht, vielleicht
in den Etagen der Bourgeoisie.
Doch dann kam Vietnam, man dachte nach
über uns und die Demokratie.
Und da traf ich ihn auch das erste Mal
bei einer Vietnam-Demonstration,
bei der DKP und da war er auch
ein Genosse schon.
Der ist mein Freund und ist …
Der machte sein Examen
mit Note 2 an der PH.
Seine Professoren schätzten ihn,
gerade weil er so kritisch war.
Doch vom Kultusministerium
kam bald darauf ein Bescheid:
Er werde als Lehrer nicht übernommen
und er sei ein Verfassungsfeind.
Der ist mein Freund und ist …
Der sagte damals sehr richtig,
die Verfassungsfeinde sind die,
die Berufsverbote aussprechen
in einer, wie sie sagen, Demokratie.
Und der hat schon zu viel mitgemacht
als dass man den klein kriegen kann,
der fängt mit dem Kampf gegens Berufsverbot
jetzt erst so richtig an.
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// Für Ingo, der wegen Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei als Lehrer mit Berufsverbot belegt wurde // 1977