SOMMERSCHULE 2014
LIEDERWORKSHOP ZWISCHEN DIETER SÜVERKRÜP UND IRIE RÉVOLTÉS
Text und Fotos: Bernd Köhler
Unter dem Zeichen des bunten Schmetterlings
fand Anfang August wieder die Sommerschule der IG Metall im Bildungszentrum Sprockhövel statt. Eine Woche lang stand das gesamte Haus im Zeichen der Kultur. Mittendrin, der Workshop „Liederliches” – ein Gesangs- und Musikworkshop zum Thema „Lieder der Arbeiterbewegung”, der von Bernd Köhler zusammen mit Thomas Birg angeboten wurde und reichlich Interesse fand. Eine tolle Atmosphäre und Werbung für das Haus in Sprockhövel, wie für die IG Metall. Das (für jeden verbindliche) Workshopangebot reichte von Puppentheater über Zirkus und Artistik über Metallarbeiten, „Natur erforschen” bis zu Improtheater, Graffity oder eben „Lieder der Arbeiterbewegung”.
Wie im letzten Jahr, als wir den Ruhrgebietssänger Frank Baier und die Mönninghoff-Songruppe besuchten, gab es für die Teilnehmenden aus dem Liederworkshop auch diesmal wieder zwei besondere kulturell-politische Exkursionen in die nähere Umgebung. In Düsseldorf besuchten wir Dieter Süverkrüp, der die Geschichte des politischen Liedes in der BRD mitgeschrieben hat und uns rund zwei Stunden lang aus seinem bewegt-bewegenden Leben nicht nur erzählte sondern die jeweiligen Etappen auch mit seinen Liedern lebendig werden lies. Sein immer noch beliebter „Baggerführer Willibald” durfte dabei natürlich nicht fehlen. Großes Dankeschön und Chapeau an den virtuosen Gitarristen und Meister des Wortspiels der vor einigen Monaten seinen 80sten Geburtstag feierte.
Zwei Tage danach dann die Fahrt zur „Keupstraße” in Köln-Deutz, wo uns Kutlu und von der „Microphone Mafia” und Mitat Özdemir, Vorsitzender der Keupstraßen-Initiative, nicht nur durch die Straße des Kölner NSU-Anschlags führte sondern auch die Geschichte des Stadtteils und die Kultur der Aufarbeitung nach dem Anschlag lebendig werden lies.
Tolle Begegnung mit dem Liedermacher Dieter Süverkrüp (links beim Signieren seiner Bücher), der uns nicht nur aus seinem bewegten Leben erzählte sondern auch einige seiner Lieder sang
Mit Kutlu (rechtes Foto) von der „Microphone Mafia” und Mitat Özdemir in der Kölner Keupstraße. Links im Hintergrund, der Frisörladen vor dem 2004 die Nagelbombe der Naziterroristen gezündet wurde
Im Workshop selbst
gab es über die Woche eine spielerisch-stimmliche Annäherung an die Erfahrung, dass das Ganze immer mehr ist als die Summe seiner Teile – dass also ein erstmal unkoordinierter Sangeshaufen („eigentlich kann ich nicht singen...”) schnell zu einer hörbaren und durchaus anhörbaren gesanglichen Formation zusammenwachsen kann. Am Ende der Woche verfügten wir dann schon über ein beachtliches Repertoire vortragsreifer Lieder, die (glückliche Verbindung von Theorie und Praxis) in einem spontanen Streikeinsatz am Freitagmorgen auch zum Einsatz kamen.
Konkret bedeutete das: 5.30 Uhr aufstehen, kleiner Kaffee im Foyer des Zentrums und auf zur Streikkundgebung bei AB-Electronik auf dem flachen Land bei Werne, wo rund 200 KollegInnen ihren Aufstand gegen eine Betriebsverlagerung probten. Schönster Sommer-Sonnenmorgen unter den Fahnen der IG Metall und dazu vom Chor: KEINE WAHL, „Arbeit und gerechten Lohn wollen wir” und das vom Refrain her wunderbar mitsingbare „Résistancelied” samt der tollen Erfahrung, dass der Funke schnell übersprang, die Leute nicht nur gerne zuhörten sondern sehr schnell dabei waren, als der Aktions-Chor mit Stimme, Rasseln, Trommel und Gitarre dem Arbeitskampf einen musikalischen Ausdruck gab.
Die TeilnehmerInnen des Musikworkshop in Aktion – nur Maria mit der Trommel ist leider abgeschnitten - Sorry, sehr Schade!
Freitagmorgen, 7 Uhr – der mobile Chor der Sommerschule im Streikeinsatz bei AB-Electronik in Werne
Farbenfroh und gelungen – Die Wand des Graffity-Workshops (Leitung: Ingo Ahlborn) mit Zitaten aus dem KEINE WAHL-Song (hier zum reinhören)
Vor dem Abschlußabend gab es dann die Einweihung einer Graffity-Wand mit dem Song „KEINE WAHL”, dessen Text im Spray-Bild auch Verwendung gefunden hatte. Bei der Zeile „Es brennt im Revier” brannten dann auch die bengalischen Feuer der Workshop-Aktivisten die unter dem Namen „Irie Révoltés” agierten und ein kleines Feuerwerk in den regenverhangenen Himmel schossen - das hatte schon großes Format.
Der vielfältig-phantasievolle Präsentationsabend aller Workshops endete mit unserer Version von Bob Dylans „The Times they are a changin”, das der Sommerschule das Motto gegeben hatte. Das Lied wurde im Seminar mit Gesang, gesprochen Texten, Mundharmonika, Trommel, Maultrommel und zwei Gitarren, kollektiv erarbeitet. Ein „Chapeau” und Merci an alle daran Beteilgte. Es war eine tolle Woche mit euch und überhaupt wieder mit allen Anderen in Sprockhövel. Eine Woche die uns gezeigt hat was Kultur kann, wie sie uns bereichert und verzaubert und wie sie unsere gewerkschaftliche Arbeit leicht, pfiffig und nachhaltig werden lässt.
Lotta continua
Bernd
Erster Nachtrag: Bei einer Aktion in der Mittagspause wurden auch 59 Unterschriften unter den Antrag gesammelt, das Arbeiterlied als UNESCO-KULTURERBE anzuerkennen. Mehr Infos zum Antrag gibt es hier
Zweiter Nachtrag: Auf der Webseite des IGM-Bildungszentrums gibt es, neben Berichten über die anderen Workshops, auch einen schönen Kommentar mit Fotos zu unserer gelungenen Aufführung von Bob Dylans „Times are a´changing". Text und Fotos findet ihr hier >> Sommerschule 2014
„The times they are a´changing“ – Gelungene Aufführung am Abschlußabend der IGM-Sommerschule 2014 (Foto: Sprockhövel-Web)
Bengalisch illuminierte Einweihung der Wand des Graffity-Workshops mit dem Song KEINE WAHL (Foto: Sprockhövel-Web)
-